Überschussbeteiligung beim Kindesunterhalt
Grundsatz (BGer 5A_597/2022 vom 07.03.2023)
In BGE 147 III 265 ff. hat das Bundesgericht die sogenannte zweistufige Methode mit Überschussverteilung für die Berechnung des Kindesunterhalts vorgegeben. Dabei soll der Überschuss grundsätzlich nach grossen und kleinen Köpfen zwischen den verheirateten Eltern und dem Kind aufgeteilt werden.
Bei Kindern verheirateter Eltern
Bei einem Kind verheirateter Eltern heisst das, dass die Elternteile je 2/5 und das Kind 1/5 des (gesamten Familien-) Überschusses erhalten sollen.
Bei Kindern unverheirateter Eltern
Nicht ganz so klar ist die Frage, was die erwähnte «Formel» der grossen und kleinen Köpfe für Kinder unverheirateter Eltern bedeutet.
- Entweder bleibt der Anteil des Kindes bei 1/5 des Überschusses des unterhaltspflichtigen Elternteils. Damit würde der «fiktive» Anteil des anderen, unverheirateten Elternteils, der keinen Anspruch auf einen Unterhaltsbeitrag hat, beim Unterhaltspflichtigen verbleiben. Dem unterhaltspflichtigen Elternteil würden also 4/5 seines Überschusses (2/5 plus 2/5) zustehen; das unterhaltsberechtigte Kind erhielte weiterhin 1/5 des Überschusses (allerdings nicht vom gesamthaften Familienüberschuss, sondern «nur» vom Überschuss des unterhaltspflichtigen Elternteils)
- Oder der Überschuss des unterhaltspflichtigen Elternteils wird im Verhältnis 2:1 zwischen ihm und dem Kind aufgeteilt. Bei dieser Variante würde das Kind unverheirateter Eltern 1/3 des Überschusses des unterhaltspflichtigen Elternteils erhalten.
Das Bundesgericht hält in seinem Entscheid 5A_597/2022 vom 07.03.2023 fest, dass die Variante I der mehrheitlich vertretenen Lehrmeinung entspreche. Die Variante II, welche die Vorinstanz vertreten hatte, sei jedoch nicht willkürlich. Deshalb hob das Bundesgericht das vorinstanzliche Urteil im vorliegenden Verfahren mit eingeschränkter Überprüfungsbefugnis nicht auf.
Ausblick
Spannend bleibt, wie das Bundesgericht diese Frage in einem Verfahren beantwortet, in dem es über eine uneingeschränkte Überprüfungsbefugnis verfügt.
Dr. iur. Mattias Dolder, 20.04.2023