Es ist nicht willkürlich, wenn die Berufungsinstanz, die den Betreuungsunterhalt reduziert (dafür) neu einen ehelichen Unterhaltsbeitrag festlegt, solange die berufungsbeklagte Partei damit bei einem Vergleich der Gesamtbeträge nicht besser gestellt wird als im erstinstanzlichen Entscheid.

1. Im vorliegenden Fall hatte das Kantonsgericht Zug die gemeinsame Tochter in die Obhut der Mutter gegeben und den Vater zu einem monatlichen Kindesunterhalt von CHF 7’462.– (CHF 5’151.– als Betreuungsunterhalt und CHF 2’311.– als Barunterhalt) zuzüglich Familienzulage verpflichtet. Den von der Mutter gestellten Antrag auf ehelichen Unterhalt von CHF 41.90 wies die erste Instanz ab.

Dagegen erhob der Vater Berufung. Das Obergericht Zug ordnete daraufhin die alternierende Obhut an und regelte den Unterhalt neu in zwei Phasen. Für die zweite Phase verpflichtet es den Vater zu einem Barunterhalt von CHF 2’100.– zuzüglich Familienzulagen, zu einem Betreuungsunterhalt von CHF 2’410.– und zu einem ehelichen Unterhalt von CHF 2’600.–, gesamthaft also CHF 7’110.–.

Der Vater erhob dagegen beim Bundesgericht Beschwerde. Er rügte Willkür und eine Verletzung der Dispositionsmaxime.

2. Das Bundesgericht gibt dem beschwerdeführenden Vater zwar Recht, wenn dieser feststelle, dass die Vorinstanz von der Dispositionsmaxime abrücke. Damit sei aber noch «nichts über die hier gegebene Situation eines Eheschutzprozesses gesagt, in welchem die Berufungsinstanz den Betreuungsunterhalt für das Kind reduziert und die dadurch freiwerdenden Mittel neu für den Ehegattenunterhalt verwendet, obwohl die unterhaltsberechtigte Ehefrau den erstinstanzlichen Entscheid nicht anfocht» (BGer 5A_60/2022, Erw. 3.4.1).

Das Bundesgericht zieht alsdann Parallelen zwischen dieser Situation und seiner jüngeren Rechtsprechung in BGer 5A_776/2021 vom 21.6.2022 und BGer 5A_112/2020 vom 28.3.2022. Angesichts dieser jüngsten Rechtsprechung sei auch der vorliegend angefochtene Entscheid unter Willkürgesichtspunkten nicht zu beanstanden.

Dabei verweist das Bundesgericht (1) «auf die Komplizierung der Unterhaltsberechnung», die sich daraus ergebe, dass der Betreuungsunterhalt zwar als Anspruch des Kindes ausgestaltet, wirtschaftlich aber dem betreuenden Elternteil zugedacht sei (BGE 145 III 393, Erw. 2.7.3). Es erinnert sodann (2) daran, dass eine Anschlussberufung im Eheschutzverfahren ausgeschlossen ist (Art. 314 Abs. 2 i.V.m. Art. 271 lit. a ZPO) und die Ehefrau auch kein schutzwürdiges Interesse an einer präventiven selbständigen Berufung gehabt hätte, soweit die erste Instanz ihren Anträgen entsprochen habe. Schliesslich hält das Bundesgericht (3) fest, dass die Ehefrau im Gesamtbetrag (Betreuungs- und ehelicher Unterhalt zusammen) nicht bessert bestellt sei, als im erstinstanzlichen Entscheid. Und abschliessend blickt das Bundesgericht nach vorn und weist (4) darauf hin, «dass im Zuge der geplanten Änderung der Schweizerischen Zivilprozessordnung die Absicht besteht, in familienrechtlichen Summarverfahren die Anschlussberufung zuzulassen und Art. 314 Abs. 2 ZPO entsprechend zu ergänzen» (BGer 5A_60/2022, Erw. 3.4.1) (vgl. BBl 2020 2697, 2771).

Dr. Mattias Dolder, 31.12.2022